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Theoretische Grundlagen – Kinematische Kalibrierung von Industrierobotern

Obwohl die Technik der Offline-Programmierung weit fortgeschritten ist, werden derzeit ca. 95 % aller Industrieroboter im Teach-In-Verfahren programmiert. Dies liegt vor allem an der schlechten Positioniergenauigkeit heutiger Industrieroboter. Daher muss deren absolute Positioniergenauigkeit verbessert werden. Trotz der hohen Wiederholgenauigkeit heutiger Industrieroboter weisen diese aufgrund von Temperatureinflüssen ein instationäres Betriebsverhalten auf. Für den Einsatz von Industrierobotern als Messroboter in der Qualitätssicherung ist es notwendig, die relative Wiederholgenauigkeit unabhängig von Temperatureinflüssen konstant zu halten.

Modell

Basierend auf der mechanischen Struktur eines Industrieroboters wird ein parametrisierbares Modell erstellt, dessen unbekannte Parameter im Zuge eines Identifikationsprozesses ermittelt werden sollen. Das Modell berücksichtigt geometrische Abweichungen des Roboters wie Längenabweichungen, Nulllagenfehler und Achsschiefstellungen. Die nicht-geometrischen Effekte werden durch lineare Gelenkelastizitäten hinreichend genau modelliert. Zur Berechnung der statischen Drehmomente, die zur Identifikation der linearen Elastizitätskoeffizienten benötigt werden, wurde ein schneller Algorithmus entwickelt.

Inverse

Das vollständige Robotermodell bildet die Grundlage für die Kompensation der kartesischen Fehler. Da eine geschlossene Form der parametrisierten, inversen Kinematik nicht existiert, wird eine Approximation 1. Ordnung hergeleitet. Eine gegebene Zielposition wird mit dem zu erwartenden kartesischen Fehler so überlagert, dass die Werkzeugspitze des realen Roboters den gewünschten Zielpunkt einnimmt. Die schnelle Approximation der inversen Kinematik ist vollständig in die reale Robotersteuerung integriert und ermöglicht eine Fehlerkompensation an allen Zwischen- und Endpunkten der Robotertrajektorie in Echtzeit.

Messen

Voraussetzung für die Identifikation der Modellparameter ist die messtechnische Erfassung des Roboter-TCPs. Es werden verschiedene Messverfahren und Sensorsysteme vorgestellt, die im Rahmen dieser Arbeit zur Vermessung des Roboters eingesetzt wurden. Zur Vermessung von Targets, die an der Roboterhand befestigt sind, werden Sensoren mit großem Sichtfeld eingesetzt. Sie liefern 6-dimensionale Messwerte des TCP. Kleine, kostengünstige Sensoren werden an der Roboterhand angebracht, um Targets im Arbeitsraum des Roboters zu vermessen. Sie liefern nur 3-dimensionale Messwerte. Der Abstand des Roboter-TCPs zum Messsystem, gemessen über die Länge eines abgewickelten Fadens, liefert sogar nur 1-dimensionale Messwerte. In Abhängigkeit der gemessenen Dimensionen werden im weiteren Verlauf geeignete Verfahren zur Roboterkalibrierung entwickelt.

6D-Kalibrierung

Kern der 6D-Kalibrierung ist die Bildung einer Zielfunktion, die zur Identifikation der Modellparameter minimiert wird. Es quantifiziert die Fehler, die sich aus den theoretischen und den tatsächlich gemessenen Roboterposen ergeben. Um neben den Positionierfehlern auch Orientierungsfehler zu berücksichtigen, wird ein Residuenoperator eingeführt. Es wird gezeigt, dass es ausreicht, die Bilder der euklidischen Basisvektoren unter diesem Operator zu untersuchen, um ein geeignetes Maß für die Posenfehler zu erhalten.

Die 6-dimensionalen Messwerte werden durch Vermessung von Targets auf einem Maßkörper erzeugt. Dieser Ansatz führt nicht nur zu einem Qualitätskriterium für die Güte der Messungen, sondern ermöglicht auch die Bestimmung der Position des Körpers im Sinne einer besten Näherung. Die Erzeugung guter Startwerte für die unbekannten Modellparameter ist für die Konvergenz der numerischen Lösungsverfahren von entscheidender Bedeutung.

Es wird ein allgemeines Verfahren vorgestellt, das mit einer minimalen Anzahl von Messungen eine Schätzung der wichtigsten Unbekannten erlaubt. In praktischen Experimenten wird die Eignung der Parameterschätzung und der Fehlerkompensation demonstriert. Es werden Messwerte vorgestellt, die zeigen, dass die erreichten Positioniergenauigkeiten im gesamten Arbeitsraum des Roboters unabhängig von der Nutzlast deutlich unter einem Millimeter liegen.

3D-Kalibrierung

Bei der 3D-Kalibrierung führt der Roboter einen Sensor nach dem „Auge-in-Hand“-Prinzip zur Punktmessung von Targets auf einem Maßkörper mit sich. Dabei sind die metrischen Informationen der Targets ein wesentlicher Bestandteil bei der Konstruktion des Zielfunktionals.

Der TCP eines Roboters weist jedoch bereits im Normalbetrieb durch thermische Verformungen der Roboterstruktur eine Temperaturdrift von einigen Zehntelmillimetern auf. Zur Erfassung und Kompensation der Temperaturdrift wurde das Verfahren der Driftkalibrierung entwickelt.

Bei der Inbetriebnahme des Roboters wird eine Referenzmessung an einer temperaturinvarianten Kalibrierkugel durchgeführt. Wird diese Messung zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt, können temperaturbedingte Verformungen des Roboters in Form einer Drift der Messwerte nachgewiesen werden.

Die Modellparameter des Roboters werden nun so bestimmt, dass die gemessene Drift möglichst gut mit der modellierten Drift übereinstimmt. Wird die Driftkompensation an der Kalibrierkugel zyklisch durchgeführt, ergibt sich zusammen mit der in der Robotersteuerung integrierten Fehlerkompensation ein Regelkreis, der dem instationären Betriebsverhalten des Roboters weitgehend entgegenwirkt. In Versuchen konnte gezeigt werden, dass die Wiederholgenauigkeit des Roboters auf diese Weise temperaturunabhängig bei ca. 0,04 mm gehalten werden kann. Mit diesem Verfahren konnten erstmals Industrieroboter als Messsystemträger für die kontinuierliche Erfassung von Qualitätsmerkmalen in einer Fertigungslinie eingesetzt werden. Die Industrietauglichkeit des Verfahrens wurde in einem praktischen Feldversuch bei einem Automobilhersteller mit 21.000 Kalibrierungen über einen Zeitraum von sieben Monaten nachgewiesen.

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